Landarztquote, Weltraumforschung und Digitalisierung sprach der Bayerische Minister für Wissenschaft und Kultur Bernd Sibler beim 49. Politischen Ascherfreitag in Erbendorf an. Er fand in seiner Rede aber auch deutliche Worte zur AfD.
Der renommierte Politische Ascherfreitag des CSU-Kreisverbands Tirschenreuth hat nicht nur Bürger in die Stadthalle gezogen, sondern auch zahlreiche Mandatsträger. Unter anderem dabei war auch Europaabgeordneter und JU-Landesvorsitzender Christian Doleschal. Stargast des Abends war jedoch Wissenschaftsminister Bernd Sibler, der ein besonderes Augenmerk auf die Oberpfalz legt. Nach dem traditionellen Fischessen, bei dem sich Sibler auch in das Goldene Buch der Stadt Erbendorf eintrug, folgte die Veranstaltung im großen Saal.
Die Begrüßung übernahm CSU-Ortsvorsitzender Johannes Reger. Erbendorf sei in einer sehr guten Ausgangslage. Es sei aber nicht selbstverständlich, dass es 24 Jahre lang nur nach vorne geht. „Wenn wir jetzt nichts tun, werden wir unweigerlich zurückfallen.“ Denn: „Wer sich heute auf den Lorbeeren von gestern ausruht, wird morgen in den Brennnesseln sitzen.“ Unternehmer sowie junge Leute forderte er auf, wagemutig zu sein und eigene Ideen zu entwickeln. Die Rahmenbedingungen hierfür müsse die Stadt schaffen. Im Bereich Tourismus gelte es, sich an die neuen Bedingungen anzupassen. Allein mit der Wiederbesetzung der Tourist-Info sei es nicht getan: „Wer behauptet, mit einem Tourismusbüro Touristen anzulocken, der hat den Zug verpasst.“
Jede Maßnahme müsse finanziell gut durchdacht sein. Man könne nicht versprechen, Straßen auszubauen aus Eigenmitteln ohne die entsprechende Förderung und gleichzeitig ohne Neuverschuldung. „Mit der Hau-Drauf-Methode kommen wir höchstens in den Ruin, aber keinesfalls in die Zukunft.“
Niederbayer Bernd Sibler ist gerne zu Gast in Nordbayern. Ob bei den Luisenburg-Festspielen in Wunsiedel oder jüngst im Kloster Waldsassen, es lohne sich, für die Menschen hier zu arbeiten. „Wir haben großartige kulturelle Angebote in München, Nürnberg und Regensburg, wir brauchen sie aber auch hier. Wir müssen Rückzugsgebiete schaffen, in denen der Mensch einfach nur Mensch sein kann.“ Als Beispiel nannte er auch das Literaturarchiv in Sulzbach-Rosenberg, dessen Gründer an den Sitzungen der berühmten Literatenvereinigung „Gruppe 47“ teilnahm. „Auch in Sulzbach-Rosenberg, wo man es nicht vermutet, wurde Weltgeschichte der Literatur geschrieben.“
Die neue Hochschule Amberg-Weiden und auch deren neue Außenstelle in Tirschenreuth seien ein „massiver strukturpolitischer Aufschlag“. Die Fachkräfte könne man so dort ausbilden, wo sie auch gebraucht werden. Um Hochschulstandorte in die Region zu holen und damit die Zukunft zu gestalten, brauche es auch Hartnäckigkeit: „Da muss man lästig sein wie ein Zeck, bis man sein Ziel erreicht hat.“
Auch beim Thema Medizin gebe es viel zu tun. „Bayern ist derzeit das einzige Bundesland, das nennenswert in Medizinstudienplätze investiert.“ Bei 200.000 bis 300.000 pro Studienplatz ist das eine Herausforderung für den Staat. „Wir wollen damit nicht nur die Forschung stärken, sondern auch die Versorgungssicherheit gewähren.“ Dazu gehöre auch die Landarztquote. Es brauche junge Ärzte, die sich verpflichten, dort zu bleiben, wo Unterversorgung droht oder besteht. Im Gegenzug wird der Zugang zum Medizinstudium erleichtert. „Die Quote ist ein klares Bekenntnis zum ländlichen Raum und eine Ansage an die Parteien, die behaupten, dass sich niemand kümmert. Die CSU kümmert sich sehr wohl.“ Auch zum Coronavirus nimmt Sibler Stellung. „Seid vorsichtig, aber lasst Euch nicht verrückt machen.“
Klar äußert er sich auch zur AfD, die seiner Meinung nach auch die Stimmung im Landtag verändert habe. Dass während der Gedenkveranstaltung für die Opfer des Holocaust ein Teil der Fraktion den Saal verließ, dass während der Gedenkminute für den ermordeten Walter Lübcke ein AfD-Politiker auf dem Platz sitzen blieb, und dass Björn Höcke, zu dem sich auch die AfD im Landtag bekannt hat, offiziell als Faschist bezeichnet werden darf mache „klar, wessen Geistes Kind diese Leute sind. Dieses Verhalten ist schäbig, ich kann es nicht anders sagen.“ Als Christenmensch und Vorsitzender des BRK-Bezirksverbands Niederbayern-Oberpfalz bedeute der Artikel 1 des Grundgesetzes für ihn auch, sich um Flüchtlinge zu kümmern und dafür zu sorgen, dass sie etwas zum Anziehen und zu essen haben. „Das was die AfD betreibt, geht so nicht.“ Auch Sibler sei Patriot. „Patriotismus bedeutet aber, stolz sein in einem Sinne, der andere nicht ausschließt.“ Nationalismus hingegen lasse andere nicht mitkommen. „Das hat auch viel mit Dummheit zu tun.“ Für diesen Satz erntet der Minister den Beifall der Besucher.
Ebenso unklug wäre es, mit Trump und Putin nicht mehr zu sprechen. Die Internationalisierung sei schließlich nicht aufzuhalten und müsse gut und maßvoll begleitet werden. „Menschen, die miteinander handeln, forschen, Musik machen führen keine Kriege gegeneinander.“
Die Zukunft liege in den Bereichen Robotik, Künstliche Intelligenz und Digitalisierung. Weltraumforschung sei nicht nur dazu da, um auf den Mond zu fliegen. Auch Wetterdaten und Veränderungen im Klima sowie in der Landschaft können aus dem All detailliert festgestellt und erforscht werden. „Mit Satellitentechnik kann bald jede Zuckerrübe in Niederbayern optimal gedüngt werden, was wiederum zum Bodenschutz beiträgt.“ Er stellte klar, dass Angst vor der Technik und neuen Entwicklungen der falsche Weg sei. „Technik ist Teil der Lösung und nicht das Problem.“ Auch im Bereich Pflege erwarte er Fortschritte durch die Digitalisierung. „Technik muss den Menschen dienen und nicht umgekehrt. Wenn das Pflegepersonal von Routinearbeiten befreit wird, bleibt mehr Zeit für Zuwendung.“ Auch das Ziel Regers, einen gemeinsamen Standort für BRK und Feuerwehr zu errichten, nahm er mit Begeisterung auf. „Synergien können so optimal genutzt werden.
In Anspielung auf Siblers Football-Kostüm auf der Fastnacht in Franken hatte Stadtrat Josef Bollmann als besonderes Geschenk für Sibler einen echten Football dabei. Sportlich zeigten sich die Politiker, als Sibler Bollmann den Ball von der Bühne aus zuwarf und dieser ihn dann an Landratskandidat Roland Grillmeier und Bürgermeisterkandidat Johannes Reger weiterreichte in der Hoffnung auf einen „Touchdown am 15. März.“ Zum Schluss versprach Sibler, jederzeit gerne wieder zu kommen. „I bin da Bernd und da bin i fast dahoam.“
Grillmeier dankte Sibler für seinen Einsatz in der Region. Ohne die Unterstützung Siblers wäre weder die gemeinsame Museumsfachkraft im Landkreis noch das Archäozentrum im Geschichtspark Bärnau so möglich gewesen. Er bat Sibler auch darum, sich weiterhin für junge Landärzte einzusetzen. „Das stärkt auch unsere Kliniken.“ Landtagsabgeordneter und CSU-Kreisvorsitzender Tobias Reiß hob in seinem Grußwort vor allem die Wichtigkeit der Zusammenarbeit und Kommunikation auf allen Ebenen hervor. Den künftigen Landrat forderte er auf, auch Präsenz in München zu zeigen. In den letzten Jahren habe er das vermisst. „Die Äbtissin von Waldsassen habe ich öfter in München gesehen als unseren Landrat.“ Ehe die Erbendorfer Stadtkapelle mit Bayern- und Deutschlandhymne die Veranstaltung abschloss, überreichte Reger Sibler noch ein Geschenk mit Erbendorfer Spezialitäten.