Pflegeausbildung zwischen Ideal und Realität – CSU informiert sich im BBZ Erbendorf über Herausforderungen
Die Pflegeausbildung steht unter Druck – das wurde beim Informationsbesuch der CSU und der CWL Erbendorf im Berufsbildungszentrum (BBZ) Erbendorf deutlich. Leiterin Beatrix Kempf gab den Gästen um Bürgermeisterkandidat Matthias Fütterer einen offenen Einblick in die Chancen und Probleme der Ausbildung von Pflegefachkräften.
Kempf erläuterte, dass sich die Pflegeausbildung durch die Einführung der generalistischen Ausbildung stark verändert habe. Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege seien zu einem gemeinsamen Berufsbild zusammengeführt worden, um europaweit vergleichbare Abschlüsse zu ermöglichen. Das Ziel: mehr Flexibilität und Durchlässigkeit im Beruf. Doch die Realität zeige, dass die Ausbildung für viele junge Menschen eine enorme Herausforderung sei.
„Die Anforderungen sind hoch, und nicht jeder ist der Belastung gewachsen“, so Kempf. Die Abbrecherquote liege vielerorts bei bis zu 50 Prozent. Auch eine landesweite Umfrage des Bayerischen Landesamts für Pflege zeigt ähnliche Tendenzen: Rund 30 Prozent der Auszubildenden brechen bereits im ersten Jahr ab – oft aus Überforderung, wegen Sprachproblemen oder fehlender Anleitung in der Praxis.
Die gesetzlich vorgeschriebenen Praxisanleiterstunden seien schwer umzusetzen, weil viele Einrichtungen unter Personalmangel leiden. „Ohne die erforderlichen zehn Prozent Anleitung dürfen die Schüler nicht zur Prüfung antreten“, erklärte Kempf. Zugleich würden Auszubildende manchmal in Akutbereiche versetzt, wo sie sich überfordert fühlen oder von den Arbeitsbedingungen abgeschreckt werden.



Private Schulen unter Druck
Ein strukturelles Problem liege in der Trägerschaft vieler Pflegeschulen. Anders als handwerkliche oder technische Einrichtungen sind sie meist privat oder gemeinnützig organisiert – und damit finanziell anfälliger. Die Refinanzierung erfolgt über den Pflegeausbildungsfonds des Freistaats Bayern, der pro Schüler Pauschalen auszahlt. „Das macht uns sehr abhängig von den Schülerzahlen“, betonte Kempf. „Wenn jemand die Ausbildung abbricht, verlieren wir nicht nur eine Person, sondern auch einen Teil der Finanzierung.“ Auch führe das zu Konkurrenz zwischen den Schulen.
Trotz dieser Schwierigkeiten sei das BBZ Erbendorf gut ausgelastet: Derzeit befinden sich dort 23 Schülerinnen und Schüler im ersten Jahr der Pflegeausbildung, 8 im zweiten und 6 im dritten Jahr. Zunehmend beliebt sei das Modell der Teilzeitausbildung, das Beruf und Familie besser vereinbar mache. Die Teilzeitausbildung dauert vier Jahre und wird häufig über Bildungsgutscheine gefördert. „Damit ermöglichen wir Menschen mit Betreuungspflichten einen beruflichen Neuanfang“, so Kempf.
Unterschiedliche Voraussetzungen und Imageprobleme
Neben der Finanzierung stünden Pflegeschulen vor Problemen aufgrund der heterogenen Handhabung durch die Landes- und Bezirksregierungen. Pflegepädagogen würden beispielsweise je nach Regierungsbezirk unterschiedlich eingestuft, und auch die Prüfungen folgen keiner einheitlichen Linie. Jede Schule erstelle eigene Entwürfe, die bei der Regierung eingereicht und von denen zentral einige ausgewählt werden. Diese Prüfungen werden dann von allen Schulen geschrieben. Wenn die eigene Prüfung nicht zum Zug komme, hätten sich die Lehrer viel Arbeit „für die Katz“ gemacht, kritisierte Kempf.
Auch der gesellschaftliche Wandel mache sich bemerkbar: „Pflege hat in der Öffentlichkeit kein einfaches Image“. Abwertende Kommentare in sozialen Medien oder spöttische Bemerkungen über den Beruf würden die Motivation vieler Lernender beeinträchtigen. Hinzu kämen ganz praktische Hürden wie fehlende Führerscheine und schlechte Busverbindungen, die vor allem in ländlichen Regionen ein Problem darstellen.



Politik gefordert
Die Schule wünsche sich mehr politische Unterstützung und eine einheitliche Steuerung. Staatliche Pflegeschulen mit verbeamteten Lehrkräften seien derzeit die Ausnahme. Solange jede Region ihr eigenes System pflege, bleibe die Ausbildung zersplittert. Kempf plädiert für eine stärkere staatliche Verantwortung, ähnlich wie bei der Industrie- und Handelskammer, um Standards verbindlich festzulegen. So warte man beispielsweise immer noch auf die Einrichtung einer Pflegekammer. Außerdem fehle eine gemeinsame Interessenvertretung aller Pflegeschulen.
Bürgermeisterkandidat Matthias Fütterer zeigte sich interessiert und beeindruckt vom Engagement der Schulleitung und des Kollegiums: „Das BBZ Erbendorf leistet einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung in der Pflege. Wir müssen diese Arbeit stärker unterstützen und sichtbar machen.“
Trotz aller Herausforderungen blicken Kempf und ihr Team zuversichtlich in die Zukunft, in der einige Neuerungen anstehen. Ab April 2026 startet am BBZ eine neue 18-monatige Pflegeassistenz-Ausbildung, die den bisherigen Altenpflegehelferberuf ersetzt. Zudem wird der Zweig der Heilerziehungspflege von der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg übernommen. Ziel sei es, mehr Menschen für den Pflegeberuf zu gewinnen und ihnen langfristige Perspektiven zu eröffnen.
„Pflege ist ein Beruf mit Herz und Verstand“, betonte Kempf zum Abschluss. „Aber wir brauchen stabile Rahmenbedingungen, damit unsere Schülerinnen und Schüler ihn auch erfolgreich ausüben können.“








